Sprache in Zeiten des Abstands und Anstands
Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.
Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.
Aus dem Talmud.
‚Soziale Kontakte meiden‘ – ‚Social distancing‘ ? raten die Virologen
Nein, wir sollen unsere sozialen Kontakte nicht meiden, sondern jetzt erst recht hegen und pflegen und wie ein Schatz hüten.
Nein, wir sollen uns gerade jetzt nicht sozial distanzieren, sondern sozial zusammenrücken und Verbindungen schaffen, wo es nur geht.
Ja, wir sollen es nicht mit unseren Körpern tun, sondern unsere Körper sollen Abstand voneinander halten.
Ja, wir sollen unsere Tröpfchen bei uns behalten und in die Armbeuge husten.
Aber wir dürfen die Bilder unserer Lieben mit Freude anschauen und sie uns herbeisehnen
‚Wir sind im Krieg‘ sagt der französische Präsident
Nein, wir sind nicht im Krieg, in dem nach Entscheidung von Demokraten oder Diktatoren mit Waffengewalt meistens von männlichen Soldaten gegen einen vermeintlichen männlichen Gegner gekämpft, geschossen, gebombt und gemordet wird und meist weibliche Krankenschwestern versuchen die verwundeten und verletzten Männer zu pflegen. Im Krieg geht es um Kräfte messen, in dem der Stärkere sich durchsetzt.
Wir stehen vor einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung. Frauen, Männer, Kinder, Alte und Junge strengen sich an mit den Folgen eines Virus, der sich mittlerweile pandemisch ausgebreitet hat, so umzugehen, dass er uns nicht mehr schaden kann. Dabei geht es um Rücksichtnahme, Besonnenheit und Solidarität, um die besonders verletzlichen Personen und diejenigen, die sich um sie kümmern, zu schützen.
‚Es ist ernst. Nehmen sie es auch ernst. Seit der deutschen Einheit, nein seit dem 2. Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt.‘sagt die Bundeskanzlerin in Berlin
gemeinsames solidarisches Handeln – durch zu hause bleiben und die Risikopersonen schützen und unterstützen – ob uns die Erfahrung der nächsten Wochen wieder nachhaltig zum Wesentlichen bringen kann?
‚Es geht um Leben und Tod‘ sagt der Ministerpräsident von NRW
Ja, ganz genau, es geht um Leben und Tod – so wie es eigentlich in unserem ganzen Leben um nichts geringeres geht, als um Leben und Tod, wir vergessen das nur manchmal, dass wir alle endlich sind, weil das Leben so schön ist, oder weil irgendetwas unbedingt noch kommen muss oder unerledigt ist, oder weil wir den Tod nicht wahr haben wollen, oder weil wir Angst haben vor dem Sterben oder vor dem Tod sein, oder davor unsere Lieben beim Sterben zu begleiten.
Ja es geht ums Leben und vor allem um das gute Leben, ob es uns in der kommenden Zeit gelingt, herauszufinden, was wir dafür brauchen und was nicht?
Ja es geht auch um den Tod, dem wir alle unentwegt und schon immer entgegen gehen und von dem keineR von uns weiß, wann er kommt. Das verbindet uns alle.
Ob es den ChristInnen gelingt mit ihrer Auferstehungshoffnung im Rücken mutig voranzuschreiten?
…..und die Fastenzeit bis nach Ostern durchzuhalten?
„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit (2.Timotheus 1,7). sagt die Bibel
Ob in den kommenden Wochen diejenigen, die sich von dieser heiligen Schrift leiten lassen, erkennbar werden?
Und nun noch zur Komik des Alltags:
Abgesagt: ‚Die große Transformation‘
so ist es auf der Website der Melanchthon Akademie Köln zu lesen.
Ja es stimmt, die Tagung mit Prof Schneidewind aus Wuppertal zum aktuellen Stand des Klimawandels ist abgesagt bzw verschoben.
Nein, es stimmt nicht, die große Transformation ist nicht abgesagt, sondern in vollem Gange, genauso wie der Klimawandel.
Ob es uns gelingt, dass uns diese Transformation dazu verhilft wesentlich zu werden und anzunehmen, dass wir alle endlich sind?
Ob es uns gelingt das Klima zu verwandeln: Weniger statt mehr, Solidarität statt Angst, Demokratie statt rechte Ideologie, Respekt statt Hatespeech, Verbundenheit statt Hamsterkauf?
‚Herzkammer geschlossen‘ so hat die Diakonie Michaelshoven/Köln voreinigen Tagen ihre Kleiderkammer geschlossen. Ja, es stimmt, dass die Kleiderkammer der Diakonie wegen des Virus vorrübergehend geschlossen wurde.
Nein, das meint nicht, dass wir unsere Herzkammern schließen sollen, nein im Gegenteil die Fenster zu unseren Seelen öffnen und jeden Abend um 19h auf dem Balkon ‚der Mond ist aufgegangen‘ singen.
Dorothee Schaper, Theologin, Köln